Dialog. Zuhören und dann antworten.
- Tee Jay
- Jan 13, 2022
- 3 min read
Updated: Jan 15, 2022
Zeile um Zeile um Zeile schreibe ich. Um mein Sprachbewusstsein zu schärfen und meinen Willen zu stärken, die Dinge, die gesagt werden müssen, loszureden, ohne sie zu filtern. Denn ist es nicht das, was wir alle mittlerweile gewohnt sind, zu tun? Die Dinge filtern: Fotos, Videos, unsere Sprache, das Zuhören.
Erst gestern habe ich bei einem ruhigen Lauf ein Hörbuch weitergehört, bei dem es auch um das Thema Zuhören ging. Vor allem das ist mir in Erinnerung geblieben und dadurch wurde mir [nur noch mehr] vor Augen geführt, wie sich unsere Gesprächskultur in den letzten Jahren oder gar Jahrzehnten verändert hat.
Die Leserin des Buches merkte an, wie einfach es noch vor zehn Jahren war mit vierzehn Leuten am Tisch zu sitzen und ein gemeinsames Gespräch zu führen. Und heute? Undenkbar. So fühlt man sich mit vier oder gar drei Leuten am Tisch schon überfordert – es wird nicht lang genug zugehört, vielmehr wartet man darauf, endlich selbst den Mund zu öffnen und derjenige zu sein, der als nächstes das Rederecht ergreift und endlich von seinen Sorgen, Problemen oder einfach nur von der letzten Reise zu berichten.
Was ist der Grund für diese Veränderung in unserer heutigen Gesprächskultur? Ein gutes Gespräch baut auf eben dieses Zuhören auf; und damit meine ich nicht ein verständnisvolles Nicken, während man sich selbst auf die Unterlippe beißt, da man sich zusammenreißen muss, bis man selbst endlich seine [ach so] wertvollen und wichtigen Worte los redet. Ich meine vielmehr das Zuhören, in dem man seinem Gegenüber versichert, auch wirklich zugehört zu haben. In dem man reformuliert, was der Gesprächspartner gesagt hat, in dem man aufmerksam bei der Sache ist und auch geistig nicht abdriftet und bei sich landet, wie es leider so oft der Fall ist.
So erwische ich mich selbst oft genug dabei, wie mir das passiert, weil – oh welch Wunder – eben das menschlich ist. Ich sehe das allerdings als Stärke an, rechtzeitig zu bemerken, wann das der Fall ist und mich dementsprechend wieder auf mein Gegenüber zu konzentrieren. Wenn man selbst derjenige ist, der das Rederecht hat und gerade bemerkt, wie der Gesprächspartner nur darauf wartet, selbst das Rederecht zu ergreifen und gar nicht richtig bei der Sache ist, hilft es auch, ihn freundlich darauf hinzuweisen, erstmal zu ende zuzuhören.
Das Freitags-Thema lautet darum: Dialog. Zuhören und dann antworten. Wie in meinem letzten Post bereits angesprochen, ist auch ein Gedicht immer auf einen Dialog aus – es hofft auf jemanden, der sich die Zeit nimmt, es zu lesen und jedes Wort aufzusaugen, zu interpretieren und es auf sich wirken zu lassen. Dann darf ein Dialog entstehen. Wieso also nur bei Gedichten darauf achten und sich die Zeit nehmen, wenn ein jeder Gesprächspartner doppelt so erfreut wäre jemanden zu haben, der ihm wirklich zuhört? Das wünschen wir uns doch schließlich alle, nicht?
Im heutigen Gedicht geht es außerdem darum, schlechte Werte ins Gegenteil zu verkehren und das gelingt vor allem durch den richtigen Ausgleich [wie hier in Form von Literatur im Allgemeinen bzw. die Kunst des Schreibens an sich]. Der erste Schritt zur Lösung eines vermeintlichen Problems ist darum immer erst einmal Akzeptanz und erst dann folgt die Auseinandersetzung.
Remember: Niemand ist perfekt und das ist okay. Finde dein Ventil um dich mit deinen persönlichen Schwächen aktiv auseinander zu setzen und gestehe dir deine Fehler vor allem ein. Setze einen klaren Fokus und nimm dir die Zeit, dich selbst zu reflektieren. Lösungsansätze findest du dann fast ganz automatisch. Und seine Schwächen durch Kunst in Stärken zu verwandeln, ist – ganz nebenbei erwähnt – nie verkehrt.
In diesem Sinne: Das nächste Mal vielleicht den Fokus aufs Zuhören legen und ganz aufmerksam und aktiv bemerken, was auch schon eine kleine Reformulierung als Antwort bei deinem Gegenüber bewirken kann. Du wirst erstaunt sein, was du durch einfaches Zuhören dazugewinnst.
Hab ein schönes Wochenende!
- T.-J.
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